Anlässlich der Open Art 2015 zeigt die Galerie Rüdiger Schöttle zwei Werke des international renommierten belgischen Videokünstlers David Claerbout. In einem eigens für diese Ausstellung entworfenen Environment präsentiert Claerbout die audiovisuelle Installation "Radio Piece (Hong Kong)" sowie die Videoinstallation "Highway Wreck". Beiden Werken gemeinsam ist die Auseinandersetzung mit Zeit und Raum.
Ursprünglich studierte David Claerbout, 1969 in Kortrijk, Belgien geboren, Malerei. Erst später fand er anhand seines eigenen Interesses am Sammeln den Weg zur Fotografie und zum Film - beides Medien, deren Wahrnehmung und Bedeutung er im Hinblick auf unsere zunehmend digitalisierte Welt technisch und thematisch durchleuchtet. So ergänzt er gefundene Bilder, teils historischer Herkunft, mit rekonstruierten Bildern und eigenen Filmaufnahmen, setzt Bilder in Bewegung oder entschleunigt sie. Oftmals agieren seine Werke als Leinwände, auf denen banale Geschehnisse oder Momente des täglichen Lebens zu sehen sind, die mittels technischer Bearbeitung narrative Räume eröffnen, deren Ende jedoch immer unabsehbar bleibt. Dies ermöglicht dem Betrachter den Moment nicht in filmischer Zeit wahrzunehmen, sondern ihn als nahezu physischen Raum zu erleben. Der eingefangene Moment kann als Allegorie des Lebens gesehen werden.
Die audiovisuelle Installation "Radio Piece (Hong Kong)", 2015, eine Kollaboration mit RAY Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain, beginnt mit der Aufnahme eines Zengartens, der sich im nächsten Schritt als Bild in einem kleinen chaotischen Zimmer entpuppt. Kontinuierlich entfernt sich die Kamera von diesem Raum weg, bis nur mehr die Fassaden von Hong Kongs berüchtigter Kowloon Walled City zu sehen sind, einem Stadtviertel auf der Halbinsel Kowloon, die 1987 die höchste Bevölkerungsdichte der Welt hatte und lange Zeit einen ungeklärten rechtlichen Status besaß, bevor sie 1994 abgerissen wurde.
Diese visuellen Aufnahmen werden von binauralen Tonaufnahmen begleitet. Mit Hilfe eines Kunstkopfes, bei dem die Mikrofone jeweils in den Ohren platziert sind, entstehen die Tonaufnahmen, deren Wiedergabe über Kopfhörer einen realitätsnahen und räumlichen Höreindruck gewährleistet. Für diese Arbeit nahm Claerbout die Geräusche rund um den Protagonisten des Videos, einem jungen Mann, auf.
Schnell vereinnahmt "Radio Piece (Hong Kong)" den Besucher mit einer Qualität von Bild und Ton, die in sich stimmig ist. Nach und nach wird man sich jedoch der Umstände dieser Szenerie bewusst. Nur zu deutlich impliziert das Video den Mangel an Wohnungen, den Kampf um bezahlbaren Lebensraum und das Geschäft damit. Wortwörtlich umfassen aber auch die Tonaufnahmen einen Raum. Laut Claerbout kann die Gesinnung, dass reale Orte und Ressourcen immer rarer zu werden scheinen, zu einem Markt mentalen Grundbesitzes werden, der zwischen den Ohren angesiedelt ist. Die Videoprojektion "Highway Wreck" von 2013 basiert wiederum auf einer über 70 Jahre alten Schwarz-Weiß-Fotografie, die ein paar Kinder und einen Soldaten zeigt, die fasziniert die Trümmer eines Autounfalls betrachten, der kurz zuvor stattgefunden hat. Claerbout hat diese Fotografie mit weiteren Aufnahmen von Hilfsarbeitern und Schaulustigen, die aufgrund des entstandenen Staus aus ihren Autos steigen, zu einem Moment verdichtet, in dem die Dringlichkeit losgelöst und das Spektakel somit entwaffnet wird.
David Claerbout ist einer der wichtigsten und bekanntesten Videokünstler seiner Generation.
Sein Werk wird international mit Einzelausstellungen gewürdigt. Noch bis zum 20. September 2015 richtet ihm das MAMCO in Genf eine Werkschau mit dem Titel "David Claerbout. Performed Pictures" aus.
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